Mittwoch, 5. Dezember 2012

- 571 - Von der Statue und dem Sein

Manchmal habe ich das Gefühl als könnte ich in meinen Gedanken baden, ja ich möchte sie alle ein zweites Mal denken nur um zu wissen was sich nun an meiner Sichtweise verändert hat. Langsam lege ich mich in diese durchsichtige und doch so dickflüssige Masse meiner Gedanken hinein, ich bin aufgeregt und mein Herz schlägt schneller. Es ist ein berauschendes Gefühl denn es wirkt so unbekannt obwohl ich sie alle bereits einmal dachte. Ich lasse mich treiben, denn sie werden in endlosen Massen angespült und angespült, meine Gedanken bilden Wellen und aus ihren Wellen entstehen Tsunamis. Sie wollen mich begraben und überschwemmen doch habe ich keine Angst, es war mein Ziel und ich tauche tiefer in meine Gedanken hinein. Mir fehlt kein Atem, denn an diesen Ort wird keiner benötigt, es fehlt mir nicht an Essen, denn dafür bleibt keine Zeit. Ich tauche ab und grabe mich in der dickflüssigen Masse meiner Gedanken tiefer und tiefer, die Oberfläche habe ich bereits unzählige Male ergründet, doch tiefer tiefer, dort wandeln sie, meine dunkelsten Geheimnisse. Ich möchte mich nicht fürchten, ich will mich nicht schämen und so tue ich es auch nicht, mein Herz schlägt und ich schlage mich durch die Massen. Und obwohl ihre Durchsichtigkeit mich weit blicken lässt, so lässt es mich nicht bis zum Ende sehen. Ich wühle mich immer tiefer hinein - in Gedanken meiner Kindheit, in Gedanken meiner Jugend, in die Gedanken aus dem Hier und an die Gedanken aus dem Jetzt - so tief es eben geht. Doch ich zittere, nicht weil mein Körper es so will, nicht weil es mein Körper muss, ich zittere weil meine Gedanken beben. Sie öffnen sich und bilden eine Große Schlucht und dort wo sie sich spalten, dort wandel ich. Ich falle und falle, immer tiefer und tiefer in die Untiefen meines Seins und meiner Gedanken, mir wachsen Flügel und ich breche mit Schallgeschwindigkeit in sie erneut hinein. Meine Gedanken wollen mich wie einen Virus aussondern, gehöre ich hier nicht her, bin ich nur ein Fremder in meinen eigenen Gedanken. Sie wollen mich ausspucken und entfernen, je tiefer ich komme, desto größer wird die Gegenwehr. Ich fliege mit meinen Flügeln immer wieder im Sturzflug in meine Gedanken hinein, ich pralle dagegen, ich sinke ein und werde ausgesondert. Bin ich der einzige Fleck in ihrer Durchsichtigkeit, ich gehöre hier einfach nicht hin. Und am Ende, gegen jede Gegenwehr, lass ich mich einfach fallen, willenlos, denn mein Wille wurde mir geraubt, bleibt es mir verwehrt meine eigenen Gedanken zu erforschen. Nicht weil ich nicht bereit wäre sie noch einmal zu verarbeiten, sondern weil meine Gedanken noch nicht bereit sind verarbeitet zu werden. Denn wir müssen erkennen dass wir wenn wir etwas verarbeiten auch abschließen. Vielleicht würden unsere Gedanken archiviert werden, in den großen Ordnern meines Seins verbucht werden, dort einstauben und nie mehr gedacht werden. Während ich so falle, zwischen den großen Mauern meiner Gedanken, dort sinke ich hinein in einen goldenen Teich, der das Ende dieser Schlucht zu sein scheint. Es verglüht mir meine Haut und ich versenge mir all mein Haar. Meine Hände strecken sich dem Anfang dieser Schlucht zu und meine Gelenke versteifen. Ich sinke und tauche immer weiter in diesen Teich aus flüssigem Gold. Ich werde zu einer Statue und einem weiteren Relikt in den großen Kammern meiner Gedanken, ja in der großen Schlucht meiner Gedanken. Und erneut fallen die zwei Wände dieser Gedankenschlucht ineinander und begraben mich unter ihnen. So tief habe ich mich in meinen Gedanken verloren, dass ich selbst nur ein weiteres Relikt werde. Ich habe vergessen zu sein und mein Sein hat mich vergessen. Wir sind zwei Fremde, ich stehe als Statue in den leeren Kammern meiner überfüllten Gedanken während du, ja du mein Sein an der Oberfläche alles Denkens wandelt. Wir sind uns fremd, ja wir sind einfach nur zwei völlig Fremde.

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